24. Mai 2024 - 22. September 2024

21. Mai 2024

Was steckt hinter der Industrie 4.0?

Zukunftschance Industrie 4.0 – was dahinter steckt und welche Aussichten Absolventen erwarten können

Nachdem vor rund 250 Jahren die industrielle Produktion begann und seitdem erhebliche Veränderungen durchlebt hat, steht aktuell eine weitere gravierende Wandlung ins Haus. Nach der Dampfmaschine, der Elektrizität und der Mikroelektronik, markieren nun Smart Factories und intelligente Netze den Beginn einer weiteren industriellen Revolution. Schon seit einiger Zeit steht die sogenannte Industrie 4.0 ganz weit oben auf der politischen Agenda.

Bereits vor gut zwanzig Jahren sollte aufbauend auf dem Konzept CIM (Computer Integrated Manufacturing) der Produktionsprozess fast vollständig den Computern überlassen werden. Was damals zur Umsetzung fehlte, waren integrierte Datenbanksysteme, Standards für Fabrikvernetzung und der generelle Ausbau der Kommunikationsnetzwerke. Die in den letzten Jahren rasante Entwicklung bei den Breitbandnetzen in Deutschland führt heute dazu, dass solche Ziele in greifbare Nähe rücken.

Das ist auch nötig, da die Rufe nach intelligenten Netzen und intelligenten Fabriken in der Industrie immer lauter werden. Die Konkurrenz aus Asien ist stark. Um auf Dauer den Wirtschaftsstandort Deutschland profitabel und wettbewerbsfähig zu halten, bedarf es in den kommenden Jahren weitgreifender Entwicklungen. Der Markt fordert heute von produzierenden Unternehmen mehr Flexibilität denn je. Die Nachfrage kann starken Schwankungen unterliegen, Produktlebenszyklen werden kürzer und der Wunsch nach immer individuelleren Produkten größer. Zum Teil können moderne Fabriken mit ihren PPS-Systemen Problemstellungen dieser Art bereits meistern. Jedoch steckt in heutigen Informations- und Kommunikationstechnologien enorm viel Potenzial für Einsparungen und Effizienzsteigerung. Das Stichwort in diesem Kontext lautet Big Data. Das einleuchtendste Beispiel dafür ist der Verkehrssektor: Ans Internet angeschlossene Autos, intelligente Verkehrsüberwachungsnetze,  gekoppelt mit Umleitungssystemen, Car-Sharing und Netzwerken des öffentlichen Nahverkehrs sollen die Stadt der Zukunft vor dem Verkehrsinfarkt retten. Ein umfassendes Netzwerk für den Gesundheitssektor soll es in Zukunft leicht machen, Patientendaten schnell aufzurufen und genaue Auskünfte über Vorerkrankungen, Behandlungen, Allergien etc. abfragen zu können. Hinzu kommt die Möglichkeit, den Heilungsverlauf in Echtzeit zu überwachen: Computer können so bereits Verschlechterungen im Gesundheitszustand erkennen, bevor sie dem Patienten auffallen. Das erleichtert eine schnelle und sachgerechte Hilfe und wird zahlreiche Leben retten. Big Data und Industrie 4.0 gehen Hand in Hand, weil sie dieselben technischen Entwicklungen voraussetzen, die sie nun zur Verfügung haben.

Bezogen auf die industrielle Produktion ist das Hauptziel in den kommenden Jahren, Effizienzsteigerung durch Flexibilität zu erreichen. Nicht nur der moderne Mensch wird immer flexibler. In Zukunft werden unsere Maschinen nachziehen müssen. Maschinen und Roboter werden nicht mehr für viele Jahre ein und dieselbe Tätigkeit an ein und demselben Ort ausführen. Sie müssen so justierbar sein, dass sie im Zuge verschiedener Produktionsprozesse eingesetzt werden können. Ganze Produktionsanlagen müssen so geplant werden, dass sie möglichst vielfältig nutzbar sind, um auf unterschiedliche Produkte schnell reagieren zu können. Industriebetriebe werden somit zu Dienstleistern.

In diesen Smart Factories wird alles miteinander vernetzt sein: Die Maschinen untereinander, die Maschinen mit den Steuerungswerkzeugen der Mitarbeiter, ja sogar alle Einzelteile mit den Maschinen. Über Technologien wie RFID wird jedes Einzelteil separat ansprechbar sein. So entstehen Cyber-Physical Systems (CPS) und ein mächtiges Internet der Dinge: Teile werden erkennen, wo im Zuge des Produktionsprozesses Bedarf besteht und ob es selbst intakt ist oder reparaturbedürftig. Dem auf seinem Chip gespeicherten Arbeitsplan entsprechend sucht sich jedes Werkstück dann selbstständig seinen Weg durch die Produktion.

Diese Entwicklung verlangt, dass sich verschiedene Sektoren wie Logistik, Maschinenbau, Wirtschaft und IT – aber natürlich auch Technologie und Forschung – immer stärker verzahnen. Gelingt dies, können die Ergebnisse überwältigend sein und auf lange Zeit den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern. Deshalb wird auch von Seiten der Bundesregierung das Thema Industrie 4.0 in den kommenden Jahren ressortübergreifend aktiv angegangen. Vom Forschungs- und Wirtschaftsministerium wurden dafür 200 Millionen Euro an Fördergeldern bereitgestellt. Die gleiche Summe kommt noch einmal von Geldgebern aus der Industrie hinzu.

Industrie 4.0 durch Fachkräftemangel gefährdet

Das große Problem im Zuge dieser rosig wirkenden Zukunftsaussichten sind die aktuell nicht ausreichend vorhandenen Fachkräfte. Seit Jahren klagen Unternehmen aus der IKT-Branche über einen massiven Mangel an fähigen neuen Mitarbeitern. Im letzten Jahr blieben laut Branchenverband BITKOM 38.000 Stellen unbesetzt (dabei sind Ingenieure nicht mit eingerechnet). Gesucht werden neben Ingenieuren hauptsächlich Projektmanager, Softwareentwickler und, bedingt durch die zunehmende Vernetzung, Experten für IT-Sicherheit. Aber auch in der Forschung wünscht man sich mehr Nachwuchs, da viele Ideen noch nicht ausgereift sind und eine Menge Potenzial noch nicht ausgeschöpft werden konnte. Informatik als verpflichtendes Schulfach gibt es in Bayern bereits seit 2010. Dass andere Länder in den kommenden Jahren nachziehen werden, ist zu erwarten.

Komplexität nimmt zu

Trotz der zunehmenden Kommunikation zwischen Maschinen und Einzelteilen und dem daraus resultierenden stark automatisierten Produktionsprozess, werden die anspruchsvollen Aufgaben in solch modernen Fabriken nicht ausbleiben – im Gegenteil. Der Planungs-, Entwicklungs- und Wartungsaufwand wird enorm sein und eine große Herausforderung für alle Mitarbeiter darstellen. Die Komplexität der Aufgaben in den Fabriken wird nicht ab- sondern zunehmen. Aber am Ende können so viele alltägliche Dinge im Leben enorm erleichtert werden. Es ist heute möglich, dass die heimische Waschmaschine mit Hilfe eines eingebauten Kleinstrechners für jedes Kleidungsstück automatisch das richtige Programm auswählt, die richtige Menge an Waschmittel benutzt und sich nur dann einschaltet, wenn der Strompreis besonders niedrig ist. Sie ist darüber hinaus noch per App steuerbar und wenn das Waschmittel zur Neige geht, wird über einen Onlineshop Nachschub bestellt… Dank der smarten Fabrik, in der die Waschmaschine produziert wird, geht dieser Prozess besonders schnell und ressourcenschonend vonstatten. Und möchte man das gute Stück dann doch einmal verkaufen, wird das Produktgedächtnis jedes Einzelteils per App auslesbar sein. Der Käufer des Gebrauchtgegenstandes kann so genau nachvollziehen, wann und wo das Gerät gebaut wurde und ob alle Teile funktionstüchtig sind.

Deutschland will mit seiner starken Industrie- und Ingenieurstradition Vorreiter auf dem Gebiet der Industrie 4.0 werden und tut in Verbindung von Politik und Wirtschat viel dafür – ein Beispiel dafür ist die Initiative Academy Cube. All die rosigen Aussichten stehen und fallen damit, die dringend nötigen Fachkräfte entsprechend auszubilden, zu erreichen und zu halten.

Quellen und weiterführende Links:

http://www.bmbf.de/de/19955.php



© www.erp4students.at   Dienstag, 23. Juli 2013 10:57 Schnaithmann
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